Beziehungscoaching

Weil mehr möglich ist.

Alexander Lanz

Abschied von der Opferhaltung

6 Schritte zur Selbst-Ermächtigung

Es macht mich fertig, aber ich kann es nicht ändern.
Wenn du mir endlich zuhören würdest, könnte ich mich wieder öffnen.
Ich bin immer der Dumme.
Wenn ich damals die Chance gehabt hätte, sähe mein Leben jetzt anders aus!
Für mich gibt es einfach keinen passenden Partner.
Er kriegt es einfach nicht auf die Reihe, es ist zum Verrücktwerden.
Wegen meinem Kindheitstrauma bin ich nicht beziehungsfähig.
Ich muss ständig kämpfen, ich habe es so satt.
Niemand interessiert sich wirklich für mich.
Ja, ja – ist schon ok.

Wir wirken diese Aussagen auf dich?

Bei mir lösen sie ein Im-Stau-stehen-Gefühl aus. Meine Atembewegung reduziert sich auf ein flaches Minimum, und im Bauch braut sich eine Energie zusammen, die keine Entladungsmöglichkeit findet. Ein Fuss auf dem Gas, der andere auf der Bremse. Es stinkt und raucht und bewegen tut sich nichts.

Was all diesen Aussagen gemeinsam ist: Sie versteifen sich emotionsgeladen oder resigniert auf die Überzeugung, dass die Dinge nicht so laufen, wie wir es gerne hätten. (In einer Beziehung ist mit « die Dinge» meist der Partner oder die Partnerin gemeint.) Die Aussagen entspringen einer der verbreitetsten Abwehrstrategien: der Opferhaltung.

Mit erschreckender Selbstverständlichkeit kultivieren wir die Gewohnheit, zu jammern und tratschen, uns zu beschweren, andern oder uns selbst die Schuld in die Schuhe zu schieben, uns aufzuregen, die Vergangenheit zu bedauern, uns Sorgen über die Zukunft zu machen und uns selbst zu bemitleiden. Wir sind sauer, dass unsere Erwartungen nicht erfüllt werden und halten trotzdem daran fest.

Dabei bringt uns all das nicht etwa Erleichterung und Zufriedenheit, sondern Frust, Groll und Ohnmacht. Was haben wir denn von dieser Selbstsabotage? Irgend etwas Gewichtiges muss uns dabei zugute kommen, sonst würden wir nicht Stunden, Tage oder ein halbes Leben lang daran festhalten.

Du hast bedeutend mehr von diesem Artikel, wenn du dir einen Moment Zeit nimmst, um ein Beispiel aus deinem aktuellen Leben zu finden:

Über wen warst du kürzlich oder bist du immer wieder frustriert? Was macht dich hilflos wütend oder resigniert? Was hindert dich daran, glücklich zu sein? Erlaube dir beim Weiterlesen, dein Beispiel im Hinterkopf zu behalten, es neu zu beleuchten und dir einen Weg zum Ausstieg aus der Opferhaltung zu erschaffen.

Der «Gewinn» aus der Opferhaltung…

  • Die andere Person, das Aussen, das Schicksal ist «der Böse», «der Täter», «der Unfähige» – und ich bin «der Gute», der nichts dafür kann. Ich habe Unrecht erlitten und deshalb etwas «zugute».
  • Ich kann mich betrüblich-genüsslich in Selbstmitleid suhlen und erfahre (vielleicht) Solidarität von andern, die in mein Opferlied einstimmen.
  • Ich muss nicht wirklich fühlen, wie enttäuscht, traurig oder alleine ich bin oder wie weh es tut.
  • Ich muss nichts tun, da ich ja «nicht kann». Ich muss keine Verantwortung übernehmen, keine Konsequenzen ziehen, keine Risiken eingehen.
  • Ich behalte eine gewisse Kontrolle, die ich aufgeben müsste, wenn ich mich dem Leben, wie es ist, hingeben würde.

…und der Preis dafür

  • Ich gebe meine Kraft und Macht ab. Ich mache mich abhängig von etwas oder jemandem ausserhalb.
  • Ich verharre in Anspannung und Hadern durch Festalten an unerfüllten Erwartungen und Überzeugungen. So aktiviere ich Frust und Groll immer neu in mir. Vielleicht werde ich selber zum Täter oder Rächer, weil ich die Spannung nicht mehr aushalte.
  • Ich lähme mich selbst und halte mich klein und energielos.
  • Ich verhindere mich darin, freudig, kraftvoll, lebendig und in Würde mein Leben zu leben.
  • Ich verpasse es, im Moment zu sein und zu empfangen, was das Leben mir jetzt gerade anbietet.

 

Was ist in deinem Beispiel der Gewinn? Und was der Preis, den du dafür bezahlst?

Beim zweiten Blick sehen wir natürlich, dass der Gewinn ein sehr fadenscheiniger ist. Was also können wir tun, um aus der Opferfalle auszusteigen?

6 Schritte zur Selbst-Ermächtigung

1. Erkennen, dass ich in der Opferhaltung bin.
Das braucht etwas Übung, da wir gerade hier unsere blinden Flecken haben.

2. Anerkennen, dass es ist, wie es ist.
Anerkennen heisst nicht begeistert sein. Niemand ist begeistert von Schwierigem. Es heisst, aufhören zu hadern damit. Es heisst, ja zu sagen zu dem, was ist.
– Ja, ich bekomme gerade nicht von dir, was ich erwarte.
– Ja, die Schmerzen in meinem Körper sind gerade eine Herausforderung für mich.
– Ja, ich bin verletzt worden.
– Ja, …

3. Die Gefühle zulassen, die auftauchen, wenn ich den Widerstand aufgebe:
die Wut, die Enttäuschung, die Hilflosigkeit, den Schmerz, den Frust, das Alleinsein, die Angst. Statt die Gefühle am andern auszuagieren, erlaube ich mir, mit ihnen zu sein. Dies ist ein herausfordernder Schritt. Wenn er gelingt, geschieht Wandlung.

4. Die eigenen Ansprüche, Erwartungen und Glaubenssätze bewusst machen, mit denen ich meine Opferhaltung aufrechterhalte.
– Meine Erwartung, dass du für mich genau so da bist, wie ich es brauche.
– Mein Anspruch, das Leben sollte gerecht sein.
– Meine Überzeugung, ich sei nicht attraktiv.
– Meine Erwartung, dass…

5. Eine grössere Perspektive gewinnen – Verständnis und Dankbarkeit aktivieren
• Ich versetze mich in die andere Person hinein. Was könnte ihr Beweggrund sein, sich so zu verhalten?
• Ich betrachte die Situation etwas mehr von aussen. Was könnte die Botschaft des Lebens an mich sein? Was lerne ich daraus?
• Ich löse mich von der Fixierung auf das Schwierige, das ich erlebt habe und frage mich: Wofür bin ich dankbar in meinem Leben?

6. Handeln – oder sich hingeben
Ich entschliesse mich, aus der Opferhaltung auszusteigen und Verantwortung für mich zu übernehmen.
a) Was kann ich tun? Wie kann ich aktiv dazu beitragen, die Situation zum Positiven hin zu verändern? Was ist mein erster Schritt?
b) Wie kann ich mit dem SEIN, was jetzt gerade unveränderbar ist?

Die Beschreibung dieser Schritte möge dir Impulse geben, um mit herausfordernden Situationen selbstbestimmt und in Würde umgehen zu lernen. Beachte, dass dieser Prozess nicht linear von 1 bis 6 ablaufen muss.

Tiefer gehende Unterstützung dafür bietet ein Einzelcoaching.

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